Die „verrückte“ Tierärztin – Astrid Patzak

Seit sie vier Jahre alt war, wusste Astrid Patzak eines schon sehr genau: Ich werde später mal Tierärztin. Heute hat sie seit 21 Jahren eine Praxis in Sinzing im Landkreis Regensburg und hilft Tieren täglich bei kleineren und größeren Problemen. Nicht nur beruflich engagiert sie sich stark für den Tierschutz, auch ehrenamtlich und privat hilft sie über ihren eigenen Verein Tieren in Europa und in der Welt.

Astrid Patzak mit Lullu (links) und Matilda (rechts) in ihrer Praxis in Sinzing. (Foto: Lena Frischholz)

Wie viele Hundepfoten hast Du heute schon geschüttelt?

Astrid Patzak: „Also abgesehen von meinen eigenen Hunden waren heute bestimmt schon 20 Hunde in der Praxis, aber natürlich auch Kätzchen, Hamster und Kaninchen, also waren es schon einige Pfoten.“

Du hast neben Deiner Arbeit selbst einige Hunde. Wie managst Du das mit den vielen Tieren?

Astrid Patzak: „Ich habe um die zehn eigene Hunde und dann immer mal wieder Pflegehunde. Mit ihnen bin ich in das Haus in der Nähe von Neufahrn gezogen, wo wir circa 8.000 Quadratmeter Grund haben und es zu unserem Domizil und Rückzugsort eingerichtet haben. Da das Haus ein Einödhof ist, können die Hunde laufen, toben und bellen und stören dabei keinen. Ich bin aber immer noch sehr verbunden zu meinen Patienten in Sinzing, und komme deshalb auch gerne hierher in meine Praxis. Viele meiner Patientenbesitzer wollen meine Hunde streicheln und Leckerlis verteilen. Ich passe gut auf, dass nur die Hunde und Patienten zusammen dürfen, die kompatibel sind und keinen Stress haben. Ansonsten werden die Patienten, vor allem Vögel oder ängstliche Katzen, im separaten hundefreien Zimmer behandelt.“

„Mein Job ist für mich definitiv Berufung und zugleich auch Hobby.“

Wieso bist Du als „verrückte Tierärztin“ bekannt?

Astrid Patzak: „Verrückt wegen der vielen Hunde, die bei mir wohnen und weil man immer und jederzeit ein verletztes Tierchen zu mir bringen kann. Vor allem die Nachbarn wissen schon, wer ich bin, wo ich wohne und was ich tue. Das hat schon in meiner Kindheit gestartet. Auch da habe ich alles aufgepäppelt und versorgt, was Hilfe gebraucht hat. Das liegt mir einfach im Blut. Alle meine Besitzer kennen mich, und wissen auch, wie verrückt ich bin und dass meine Hunde überall dabei sind.“

War Tierärztin Dein Kindheitstraum?

Astrid Patzak: „Die erste Erinnerung war mit vier Jahren. Ich saß daheim in der Küche und habe meine kleinen Gummitierchen in einen Spielzeuglastwagen gesetzt und bin damit weggefahren. Meine Mama hat mich immer gefragt, was ich da mit den Tieren mache, und da habe ich ihr damals schon gesagt, ich muss die Tiere retten. Das Bedürfnis zu helfen ist bei mir also von klein auf verankert. Mein Job ist für mich definitiv Berufung und zugleich auch Hobby.“

Was ist Dein Bezug zu Sinzing und dem Landkreis Regensburg?

Astrid Patzak: „Ich habe meine Praxis in Sinzing gegründet, am 07.07.2022 waren es 21 Jahre. In Sinzing deshalb, weil ich ursprünglich aus Eilsbrunn stamme und hier zur Schule gegangen bin. Das ist meine Heimat, ich bin mit ihr sehr verbunden und ich liebe Sinzing und die Umgebung sehr. Ich habe hier meine Patientenbesitzer, die mir natürlich ans Herz gewachsen sind und die ich schon von klein auf kenne und wo ich Teil der Familie sein darf. Daraus haben sich auch enge Freundschaften entwickelt. Ich durfte so viele liebenswerte Menschen durch meinen Beruf kennenlernen.“

Dein Werdegang war also darauf ausgelegt, Tierärztin zu werden?

Astrid Patzak: „Während der Schulzeit habe ich schon Praktika bei Tierärzten gemacht. Es ist einfach schön, Tieren zu helfen. Nach dem Abitur habe ich in München an der LMU Tiermedizin studiert. Neben den offiziellen Praktika habe ich in den Ferien in Tierkliniken im Ausland geholfen. So war ich in Italien in einem Kastrationszentrum und war sehr fasziniert von der Arbeit. Ich durfte viel selbständig arbeiten und habe Einblicke in die Tierschutzarbeit und Krankheiten bekommen, die in Deutschland bislang noch nicht vorkommen, weil es diese Parasiten hier noch nicht gab. Leider stieg das Risiko, dass diese Krankheiten bei uns bald ankommen, deshalb habe ich mich auch auf Auslandskrankheiten spezialisiert. Nach Beendigung des Studiums musste ich meine zweijährige Assistenz- und Hospitanz-Zeit absolvieren, wo ich in Kelheim, Nürnberg, Rosenheim und in Texas, Amerika, beschäftigt war. Dort konnte ich verschiedene Stationen kennenlernen, beispielsweise eine Station für exotische Tiere wie Löwen und Tiger. Danach habe ich in Sinzing meine eigene Praxis aufgemacht. Es ist ein sehr faszinierender Beruf und ich freue mich, dass ich jeden Tag etwas dazulernen kann.“

Was gefällt Dir am meisten an Deinem Beruf?

Astrid Patzak: „Das schönste ist einfach, wenn man heilen kann. Ein Tier kommt krank in meine Praxis und hoffentlich kann ich es gesund wieder nach Hause schicken. Die beruhigendste Tätigkeit für mich ist das Operieren, da wird mein Kopf frei. Die ehrenamtliche Arbeit im Ausland tut mir also nicht nur gut, weil ich dort Tieren helfen kann, sondern auch, weil es für mich ein Runterkommen vom Arbeitsalltag und Stress ist.“

Die Arbeit im Ausland ist immer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber für das eine Tier, dem man gerade helfen kann, macht es einen großen Unterschied.“

Du bist Vorsitzende des Vereins Schnuppernase e.V.. Wie ist das zustande gekommen?

Astrid Patzak: „Den Verein habe ich 2008 ins Leben gerufen. Die Einsatzorte sind Tierheime in Kreta und Rumänien. Der Verein beteiligt sich schwerpunktmäßig an Operationen und medizinischer Hilfe wie Medikamenten-Sponsoring. Das primäre Ziel meiner Auslandseinsätze ist die Kastration von Hunden und Katzen. Darüber hinaus gehen wir auch gegen Zecken und Flöhe vor, entwurmen und impfen Tiere oder versorgen Wunden. Die Arbeit im Ausland ist immer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber für das eine Tier, dem man gerade helfen kann, macht es einen großen Unterschied.“

Im Mai 2022 warst Du auch in der Dominikanische Republik unterwegs?

Astrid Patzak: „Ehrenamtlich helfe ich auch in der Dominikanischen Republik. Vor Ort werden wir von Tierschützern abgeholt und zu den Einsatzorten gebracht. Meistens wird uns ein Zelt oder Garage für Operationen zur Verfügung gestellt und der Kontakt zu den Einheimischen wird organisiert. Wir versuchen nicht nur den Tieren zu helfen, sondern auch den Kindern vor Ort einen guten Umgang mit Tieren, Tierliebe und Respekt beizubringen. Kinder lernen durch Nachahmung und darin steckt großes Potenzial im Tierschutz. Pro Tag haben wir im letzten Einsatz circa 15 Tiere operieren können. Am Anfang sind die Einheimischen skeptisch, aber nach ein paar Tagen haben sie dann Vertrauen gefasst.“

Wieso gehst Du ins Ausland, um Tiere von dort in Deutschland zu vermitteln?

Astrid Patzak: „Es gibt auch in Deutschland schwere Fälle, bei denen wir natürlich helfen. Aber den Tieren im Ausland geht es im Normalfall schlechter, da es dort weniger Ehrenamtliche gibt, die kastrieren oder helfen. Tierschutz hört nicht an der Landesgrenze auf, jedoch geht es Tieren in Deutschland oftmals besser als Tieren in anderen Ländern, wo sie zum Teil weder Futter noch medizinische Versorgung haben.“

Deine Hunde sind alle aus dem Tierschutz. Hast Du sie nicht vermitteln können oder wolltest Du sie behalten?

Hündin Matilda (Foto: Lena Frischholz)

Astrid Patzak: „Primäres Ziel ist immer die Vermittlung, manche bleiben aber hängen, ja. Mich sprechen Tierschutzvereine an, wenn sie einen Notfall haben, und dann versuche ich, die Tiere aufzupäppeln. Manchmal päppelt man so lange, dass man eine so enge Bindung aufgebaut hat, dass man sie gar nicht mehr vermitteln will. Matilda zum Beispiel hat ganz schwer unter Parvovirose gelitten, was in einer Tierklinik im Norden diagnostiziert wurde. Parvo ist eine Hundeseuche mit schwerem Durchfall und Erbrechen und mit hoher Sterbensrate, die es leider überall gibt und die vor allem junge Tiere mit geschwächtem Immunsystem treffen. Die Ärzte im Norden haben Matilda schon aufgegeben. Wir aber haben Tag und Nacht um sie gekämpft und sie hat es tatsächlich geschafft. Jetzt können wir sie einfach nicht mehr hergeben. Matilda hat jetzt vier Nachnamen, nach den Personen, die um sie gekämpft haben.“

Wie sieht ein normaler Tag bei Dir und Deinen Hunden aus?

Astrid Patzak: „Um vier Uhr stehen die Hunde und ich auf und dann geht es zur Gassi-Runde in den Garten. Danach gibt es Frühstück und nebenbei etwas Haushalt. Um halb sechs ist Abfahrt. Die Hunde sind das schon gewohnt und selbst Pflegehunde laufen automatisch mit. Für die Fahrt im Transporter haben alle Hunde eigene Boxen, in denen sie während der gut halbstündigen Fahrt sicher untergebracht sind. Zwischen sechs und halb sieben sind wir dann in Sinzing. Von halb sieben morgens bis abends fünf/sechs Uhr sind wir in der Regel in der Praxis, wobei ich im Normalfall zwischen 60 bis 80 Tiere am Tag behandle. Die Hunde verteilen sich auf ihre Lieblingsplätze, einige liegen gerne in der Anmeldung, andere sind fest im Sprechzimmer. Viele Hunde sind im Garten, wo vor allem die jüngeren spielen. Nach dem Arbeiten geht es zurück ins Haus. Dort angekommen geht es eine Runde in den Garten. Danach gibt es Abendessen, etwas Entspannung und Spielen und dann ist der Tag auch schon wieder vorbei. Samstags bin ich oftmals auch in der Praxis. Aber sonntags versuche ich freizumachen, abzuschalten und auch ein bisschen Zeit für meine Hunde und mich zu finden. 5-Minuten-Zeitinseln nehme ich mir pro Tag exklusiv nur für mich, ansonsten kann ich gut bei klassischer Musik entspannen oder wenn ich selbst Klavier spiele. Musik ist ein großes Hobby.“

Du hast viele Ehrenamtliche, die Dich unterstützen, wie läuft das mit ihnen und wie bist Du dazu gekommen?

Ehrenamtliche Helferin Ulla Engmann beim Streicheln von Tiago (links) und Fanny (rechts). (Foto: Astrid Patzak)

Astrid Patzak: „In der Regel haben wir vier bis fünf Ehrenamtliche. Ich versorge die Tiere medizinisch, bin Hundemama und Rudelchefin, aber während meiner Arbeitszeit übernehmen die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer die Streicheleinheiten und das Gassigehen. Meistens kennen sie die Tiere sehr gut und haben ihre Lieblinge, mit denen sie eine individuelle Beziehung aufgebaut haben. Die meisten Ehrenamtlichen sind Patientenbesitzer und kommen regelmäßig, einige auch am Wochenende. Am Anfang braucht es eine Eingewöhnungsphase, damit die Hunde sie kennenlernen. Eigentlich suchen sich die Ehrenamtlichen uns aus und nicht umgekehrt.“

Welchen Abschlusstipp kannst Du uns in Bezug auf Tierschutz geben?

Astrid Patzak: „Tiere immer mit Respekt behandeln. Eine Vermehrung unterbinden. Züchter nicht unterstützen, es gibt genügend Tiere in den Tierheimen. Und einfach helfen, also sich persönlich einsetzen, sei es über eine ehrenamtliche Betätigung oder auch in Form von Zeit-, Futter- oder Geld-Spenden. Jeder kann helfen.“

Herzlichen Dank für das tierische Vergnügen!


Astrid Patzak ist seit über 21 Jahren Tierärztin aus tiefster Überzeugung. Ihr Wunsch, Tieren zu helfen, ist schon seit ihrer Kindheit tief verankert. Sie lebt mit ihren zehn Hunden und manchmal auch Pflegehunden in einem Einödhof nähe Neufahrn in Niederbayern und arbeitet in ihrer Tierarztpraxis in Sinzing, im Landkreis Regensburg. Auch dort sind ihre Hunde live dabei und unterstützen zusammen mit vielen Ehrenamtlichen die Arbeit von Astrid Patzak.
(Foto: Lena Frischholz)

Lena Frischholz

liebt Tiere über alles und war deshalb von Anfang an begeistert über die spürbar große Tierliebe und den gelebten Tierschutz von Astrid Patzak. Mehr Liebe und Respekt für alle!