Seit wenigen Tagen im Ruhestand – Adalbert Schock, der junge Mann im roten Kittel

Der vermutlich älteste und bekannteste Getränkemarktbesitzer Regensburgs, Adalbert Schock, ist seit wenigen Tagen im Ruhestand. Viele Kinder sind nun traurig, weil der junge Mann im roten Kittel keine Getränke mehr in den Kindergarten bringt. Mit seinen 77 Jahren möchte er sich nun zurückziehen und viel Zeit mit seiner Familie verbringen.

Seit dem letzten Arbeitstag liegt der rote Kittel in der Garderobe. (Foto: Tim Nößner)

Herr Schock, wie war der erste Tag Ihres Ruhestands und was haben Sie gemacht?

Adalbert Schock: „Ausgeschlafen, solange es gegangen ist und mein Körper es zugelassen hat. Ich habe Ruhe gebraucht. Der letzte Arbeitstag war mit den vielen Verabschiedungen sehr aufregend und anstrengend für mich. Einerseits war das sehr anerkennenswert, andererseits hatte ich das Verlangen nach Ruhe. Mit meinen 77 Jahren bin ich eben nicht mehr der Jüngste, die Kraft lässt einfach nach.“

Konnten Sie dann auch am ersten Tag des Ruhestandes ausschlafen?

Adalbert Schock: „Nein ehrlich gesagt fiel mir das sehr schwer, denn meine Frau und ich sind es gewohnt um 6:00 Uhr morgens aufzustehen. Am ersten Morgen schauten wir uns gegenseitig im Bett an und sagten uns, dass wir heute ausschlafen dürfen. Trotzdem sind wir dann um 06:15 Uhr aus dem Bett. Wir wollten am Vormittag noch richtig lümmeln, doch sind erst gar nicht dazu gekommen. Permanent klingelte unser Telefon. So war das dann auch die nächsten 14 Tage lang. Jeden Tag war irgendetwas anderes.“

„I bin ehrlich, es san Tränen geflossen und I hob gwoant, wia a Schlosshund.“

Herr Schock, wie war der letzte Arbeitstag für Sie?

Adalbert Schock: „I bin ehrlich, es san Tränen geflossen und I hob gwoant, wia a Schlosshund – die ganze Anerkennung und Wertschätzung, die mir entgegengebracht wurde. All die vielen Geschenke zum Ruhestand, die mir überreicht wurden. Besonders die vielen Bilder, die mir aus den Kindergärten gemalt wurden, welche ich jahrelang mit meinen Getränken versorgt hatte. Das überfiel mich. Der letzte Tag war nicht einfach für mich.“

Wie läuft Ihr Getränkemarkt seit der Wiedereröffnung unter den neuen Betreibern und halten Sie Kontakt, Herr Schock?

Adalbert Schock: „Wir sind in den letzten Zügen der Übergabe und regeln noch den ein oder anderen bürokratischen Ablauf. So eine Übergabe benötigt viel Zeit, aber zu viel möchte ich jetzt nicht verraten.“

Kaufen Sie ihre Getränke in Ihrem ehemaligen Geschäft von der Spitalbrauerei?

Adalbert Schock: „Dazu habe ich mich bisher noch nicht entschieden. Aktuell habe ich uns mit einem Vorrat für die nächsten drei Monate eingedeckt. Wenn unser Vorrat aufgebraucht ist, werde ich mir dazu Gedanken machen. Aber warum soll ich dann nicht auch nach Stadtamhof gehen, da spricht ja nichts dagegen.“

Adalbert Schock und seine Jahres- und Jubiläumsbierkrugsammlung. (Foto: Tim Nößner)

Was hat Ihren Getränkemarkt so besonders gemacht, dass dieser über 50 Jahre hinweg bestehen konnte?

Adalbert Schock: „Vorzüglich das Sortiment. Ich habe das nicht grundlos 50 Jahre ausgehalten, das kam nur von den Sortimentserweiterungen und Ergänzungen. Ich hatte auf 145 m² über 100 verschiedene Sorten Bier in meinem Markt. Selbstverständlich war meine Ware immer frisch. Auf Kundenwünsche muss man eben zwingend eingehen. Wünscht ein Kunde mehrmals eine bestimmte Sorte Bier und ist diese nicht im Sortiment, dann ist diese zu beschaffen und im Sortiment zu erweitern. Die Regensburger setzen vor allem auf Freundlichkeit und Service.“

Herr Schock, warum haben Sie den Getränkemarkt verkauft und nicht an die Kinder übergeben bzw. eine Leitung eingestellt?

Adalbert Schock: „Bis zum letzten Jahr hatten wir noch eine Angestellte, die dann aber aus privaten Gründen aufhören musste. Meine Kinder stehen alle fest im Job. Der Getränkemarkt hatte mir neben der Freude sehr viel Zeit geraubt und Arbeit über die Jahre hinweg verschafft.  Meine Kinder haben mich dabei immer unterstützt, vor allem auch im vergangenen Jahr. Sie haben aber auch zugesehen, wie wir uns Tag für Tag geplagt haben. Irgendwann musste es mal gut sein, das sagten auch meine Kinder. Wir möchten einfach mehr Zeit miteinander verbringen.“ 

Zuhause möchte sich Adalbert Schock nun zurückziehen und die Zeit mit seiner Familie genießen. (Foto: Tim Nößner)

Über die Jahre hatte Sie sicher einige Stammkunden. Vermissen Sie den Ratsch mit Ihren Stammkunden? Treffen Sie noch den ein oder anderen?

Adalbert Schock: „Absolut vermisse ich den Ratsch mit meinen geliebten Stammkunden. Gestern meinte ich sogar noch zu meiner Frau, ob der ein oder andere Kunde wohl schon seine Getränke geliefert bekommen hat. Besonders vermisse ich die Kindergärten und das Erziehungspersonal. Für die Kinder im Kindergarten war ich immer der Wassermann.“

Haben Sie sich mit einem Ihrer Stammkunden schon verabredet?

Adalbert Schock: „Dazu habe ich noch gar keine Zeit. Ich möchte jetzt erst mal mein Haus auf Vordermann bringen, die Nebenräume und so weiter. Über die Jahre hat sich einiges angesammelt. Vor allem im Keller. Ich habe noch so viele verschiedene Biergläser sowie Krüge, das muss erst einmal alles gereinigt und sortiert werden. Ab Herbst 2022 finde ich vielleicht dazu Zeit.“

Wo hängt nun der stadtbekannte rote Kittel, Herr Schock?

Adalbert Schock: „Der liegt bei mir in der Garderobe. Seit dem letzten Arbeitstag habe ich ihn nicht mehr getragen. Insgesamt habe ich noch drei Kittel und die werden aufgehoben.“ 

„Einen besonderen Platz habe ich für den roten Kittel noch nicht. Aber der ist erst mal in sicherer Obhut!“

Bekommt der rote Kittel dann einen besonderen Platz in ihrem Zuhause?

Adalbert Schock: „Einen besonderen Platz habe ich dafür noch nicht. Aber die sind erst mal in sicherer Obhut!“ 

Herr Schock, gibt es einen Ort, der Ihnen in der Stadt Regensburg am besten gefällt?

Adalbert Schock: „Das ist schwer zu beantworten, denn Regensburg ist eine wunderschöne und vielseitige Stadt. Ich mag das Flair von Regensburg und beobachte gerne die Menschen, wie sie hier leben und arbeiten. Ich schaue auch gerne auf einen Kurzbesuch in den Dom hinein, einfach weil mich der Ort beeindruckt. Außerdem halte ich mich gerne in Kaufhäusern auf, vor allem jetzt seitdem ich etwas mehr Zeit habe. Es ist für mich sehr erstaunlich, wie sich die Stadt verändert. So kann ich mich beispielsweise noch gut erinnern, als ich als Kind von Stadtamhof stadteinwärts über die steinerne Brücke gegangenen bin, um dann das Kaufhaus Schocken zu besuchen, das zwischenzeitlich Merkur hieß und jetzt der Galeria Kaufhof ist. Solche Veränderungen in der Stadt begeistern mich immer wieder.“

Und gibt es einen Ort in Regensburg, zu dem Sie eine bestimmte Verbundenheit haben, Herr Schock?

Adalbert Schock: „Ja, und zwar gegenüber vom Dom zur Maria Läng Kapelle. Da mussten wir schon immer mit meiner Mutter zusammen rein. Ich wurde im Dom gefirmt. Mein Enkel wurde dort vor 18 Jahren getauft und der Pfarrer, der meinen Enkel damals getauft hat, war wiederum ein Kunde von mir und meinen Getränken. Das sind so Gegebenheiten, über die ich mir Gedanken mache und die mich faszinieren.“  

„Morgen bin ich zum ersten Mal beim Physiotherapeuten. Die letzten 50 Jahre hatte ich dazu keine Zeit.“

Wie halten Sie sich jetzt fit, nachdem keine Getränkekisten mehr gehievt werden?

Adalbert Schock: „Morgen bin ich zum ersten Mal beim Physiotherapeuten. Die letzten 50 Jahre hatte ich dazu keine Zeit. Der rechte Arm, die Schulter, macht mir zu schaffen. Die Getränkekisten hatten eben auch ein Gewicht. Aber jetzt denke ich, wird mich das Aufräumen erst einmal gut fordern. Ich habe noch eine ganze Sammlung an Jahres- und Jubiläumsbierkrügen von den verschiedenen Brauereien. Die sortierte ich gerade aus und reinige sie, damit ich die Besonderen noch aufheben kann. Da hat sich wirklich viel über die Jahre angesammelt. Aber da verbirgt sich eben auch viel Erinnerung dahinter.“

Adalbert Schock entrümpelt erst mal den Keller und sortiert seine Krug-Sammlung. (Foto: Tim Nößner)

Wenn Sie mit dem Aufräumen und Entrümpeln fertig sind was haben Sie sich sonst noch vorgenommen, Herr Schock?

Adalbert Schock: „Mit Vorliebe möchte ich, vorausgesetzt ich bleibe fit genug, gerne die Zeit zum Schwammerl suchen nutzen. Ich liebe den Wald. Das habe ich von meinem Vater so übernommen. Dieser war Jäger und wenn er auf der Jagd keinen Erfolg hatte, dann nahm er seinen Gehstock zur Hand und machte sich auf zur Schwammerlsuche. Es gibt nichts Schöneres als am Schwaighauser Forst sein Auto abzustellen und dann ganz in Ruhe die Natur zu genießen. Dort pfeifen die Vögel, hier trifft man auf Fuchs, Reh oder gar Wildschwein. Das erfüllt mich. Mal sehen was noch für Herausforderungen kommen werden. Im Besonderen will ich sehr viel Zeit mit meiner Familie verbringen und die Zeit einfach daheim genießen.“

Vielen lieben Dank Herr Schock, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen und ihre Geschichte mit mir geteilt haben.


Über 50 Jahre hat Adalbert Schock in Stadtamhof seinen Getränkemarkt betrieben. Geboren wurde er während eines Fliegerangriffs im zweiten Weltkrieg in Oberheising bei Barbing. 
Seit 1956 ist er zusammen mit seiner Familie wohnhaft im eigenen Haus in Oppersdorf (Gem. Lappersdorf), welches sein Vater dort erbaut hat. Zweifelsohne verbringt er hier, in seiner Heimat, den Ruhestand am liebsten. 

Weitere Berichte über Herrn Schock und die Geschichte seines Getränkemarkts findet man hier:
Bericht der Mittelbayerischen, 
Bericht über die Übergabe der Mittelbayerischen, 
Artikel der Mittelbayerischen zum Ende der Ära Schock,
ein Podcast von "Habe die Ehre!" des BR


Der Getränkemarkt von Herrn Schock war Tim Nößner vor diesem Projekt unbekannt, da er nicht direkt aus der Stadt Regensburg kommt. Herr Schock und sein Getränkemarkt begeisterten ihn aber direkt. Er macht einem einfach gute Laune – Tim Nößner würde sich wünschen, dass alle Menschen so viel Lebensfreude wie er versprühen!